Lesetagebuch: Macht im Netz

Macht im Netz – Vom Cybermobbing bis zum Überwachungsstaat: Texte und Materialien für den Unterricht (Sek II), erschienen 2019 im Reclam Verlag, Herausgeber Philippe Wampfler.

Ich fand vor einigen Tages das genannte Buch in meinem Briefkasten. Nach etwas Verwunderung (hab ich das bestellt?) ist mir klar geworden, dass ich davon wohl auf Twitter erfahren habe und es dann sofort bestellt hatte, nur die Lieferzeit war wohl länger. Ich werde es lesen, wenn ich kann, und meine Erfahrungen und Gedanken dazu verbloggen. So merke ich mir ja selber am besten, was welche Texte aussagen und wie ich sie finde.

Einleitung:

Zunächst beginnt das Buch mit einer wissenschaftlichen Einleitung zu den Begriffen „Macht“ und „Netz“.

Macht ist etwas, was Betroffene erleben und was von Akteuren, also Einzelpersonen, Institutionen oder Netzwerken ausgeht. (S. 11) Sie kann also nur in einem wechselseitigen Verhältnis bestehen, die Quelle spricht hier von Kollektiven (S. 12). Jemand, der Macht hat, hat dies nur, weil sich jemand anderes unterwirft. Diese Tatsache ist mir nicht neu – sie begegnete mir so auch schon bei den Gesprächen zu GFK und Kommunikation mit Senana. Gründe, warum man sich einer Macht unterwirft, sind vielfältig: Es kann logisch und sinnvoll sein, wie etwa im Unterricht, wo alle Beteiligten einsehen, dass es Sinn und zum Vorteil aller ist, wenn die Lehrkraft z.B. die Lernprozesse strukturiert, aber es kann auch als Angst und Zwang, etwa bei der Bedrohung mit einer Waffe, erfolgen. Machtausübung an sich ist also nichts schlechtes, sondern es muss immer genau eine Einzelsituation betrachtet werden, die bezüglich der Wirkmechanismen von Macht in dieser Situation untersucht werden kann. (S. 13)

Digitale Prozesse können Macht in unterschiedlicher Weise beeinflussen: Sie können uns ermächtigen, etwa durch neue Handlungsmöglichkeiten und Kommunikationsarten, aber sie können uns gerade durch automatisierte Prozesse einem Kontrollverlust aussetzen: Wir wissen meist wenig über die Prozesse, die über unseren Newsfeed, unsere Kreditwürdigkeit oder ähnliches entscheiden, gewähren ihnen aber weitreichende Macht über unser Leben. „Indem sie sich auf eine digitale Industrie verlassen, unterwerfen sie [die Menschen] sich auch deren Verfahren.“ (S. 9) Dies zeigt also, dass auch dass Kollektiv aller Menschen derzeit dem Kollektiv der Algorithmen und den damit verbundenen Institutionen, Macht zugesteht – das erscheint uns manchmal vermutlich logisch, oft aber, so befürchte ich, auch alternativlos: So erlebe ich gerade im Umgang mit der Corona-App ein tiefes Misstrauen, dass eine App OHNE Überwachung und OHNE Ausspähen gar nicht mehr als möglich eingeschätzt wird. Das allgegenwärtige Profiling, bei dem wir mit unseren Daten und unserer Privatsphäre bezahlen, Einfluss über uns und damit eben auch Machtstrukturen gewähren, scheint bei einigen Personen nicht mehr aus logischen Gründen, sondern aus Unwissenheit und dem Glauben, dass es „anders nicht gehe“ zu geschehen.